AUSSER SICH
in der FAZ
in der Süddeutschen
in der TAZ
im Tagesspiegel
Mein Name fängt mit dem ersten Buchstaben des Alphabets an und ist ein Schrei, ein Stocken, ein Fallen, ein Versprechen auf ein B und ein C, die es nicht geben kann in der Kausalitätslosigkeit der Geschichte. Ein Denkfehler, zu glauben, die, die gemeinsame Stationen durchlaufen, kommen als ein Gemeinsames irgendwo an. Ich kenne viele mit meiner Biographie, sie haben andere Kerben in ihren Gesichtern, tragen andere Kleidung, spielen Musikinstrumente, essen bei ihren Eltern am Sonntag Heringssalat, können danach die Nacht durchschlafen, haben Berufe, kaufen Wohnungen, fahren in den Süden, um Urlaub zu machen, und kehren am Ende des Sommers an Orte zurück, die sie Zuhause nennen. Ich dagegen fühle mich unfähig, verbindliche Aussagen zu treffen, eine Perspektive einzunehmen, eine Stimme zu entwickeln, die nur die meine wäre und für mich sprechen würde. Ein festgeschriebenes Я.
Zeit ist für mich eine Drehscheibe. Bilder verschwimmen vor meinen Augen, und immer aufs Neue stelle ich Vermutungen darüber an, wie irgendetwas vielleicht ausgesehen haben könnte, wie die Straßen hießen, in denen ich nie gewesen bin, die Treppen der Städte, die Boote, die leer blieben. Versuche, die auseinanderzuhalten, deren Namen sich über Jahrhunderte immer wiederholten.
Ich erdenke mir neue Personen, wie ich mir alte zusammensetze. Stelle mir das Leben meines Bruders vor, stelle mir vor, er würde all das tun, wozu ich nicht in der Lage gewesen bin, sehe ihn als einen, der hinauszieht in die Welt, weil er den Mut besitzt, der mir immer gefehlt hat, und ich vermisse ihn. Und was habe ich getan, als ich gedacht habe, er ruft mich? Ich bekam diesen Wink, ich missdeutete die Zeichen und zögerte, tippelte vorsichtig, tat alles, um meine Anspannung zu betäuben, sie in mir zu vergraben, legte mich auf ein Sofa, das mich auffressen sollte, bewegte mich kaum und wartete, denn was ist Warten sonst als eine Hoffnung.