Wir Zöpfe
Ljubov an die Stadt
Ich rolle mich zusammen auf dem Boden und schnurre wie eine Katze.
Ich vermisse dich. Stop.
Du hast gestern kurz an mich gedacht und dass ist bei mir angekommen, ich stehe nämlich mit dir ab jetzt für immer in Verbindung, ob du an so was glaubst oder nicht.
Ich bin zu Fuß über den Ozean rüber und habe mich in einen Kopf gesetzt, es war mir egal in welchen, ich habe mich so ungewollt gefühlt, da dachte ich, ich niste mich ein irgendwo, wo man mich will. Stop.
Ich sende dir Botschaften, die nicht ankommen und mir zerbrechen meine Füße, weil ich spüre, dass es dir egal ist, was mit mir passiert, auch wenn du das Gegenteil behauptest und sagst, du redest mit mir im Kopf, im Geiste, in deinen Bauch hinein, du hast mich ausgeschabt, also womit redest du, mit den Kratzern auf den Innenwänden?
Ich wäre gerne mit dir ein wenig gegangen. Ich mag deine Haare. Ich hätte gerne dieselben gehabt.
Und ich hätte es gemocht, dass du mit mir in den Park gegangen wärest, wo es keinen Spielplatz gibt, sondern nur Hundescheiße und mich auf den Rücken gebunden hättest und nicht im Kinderwagen, weil du das irgendwo gelesen hättest, dass das besser für Kinder ist, sie am Körper zu halten und nicht von sich wegzuschieben, und ich hätte dir auf die Schulter gesabbert und du hättest gelächelt und mich in keinen Kindergarten gegeben, weil du denen allen misstraust und sich mit meinen Lehrern angelegt, weil sie alle Arschlöcher sind und meinen ersten Freund rausgeschmissen, weil er nach Wodka riecht und mich angeschrien, ob ich die selben Fehler machen will wie du und ich wäre in mein Zimmer gerannt und hätte die Tür hinter mir zugeschmissen und wäre dann tagelang nicht rausgekommen und heimlich unter meinem Schreibtisch gesessen und gekifft und du wärest irgendwann reingekommen mit was zu essen, wärest unter den Schreibtisch gekrochen, zu mir, und hättest mit am Joint gezogen und mich gezwungen zu essen, und ich wäre auf Demos gegangen, was du kindisch gefunden hättest und wäre auf der Polizeiwache gelandet, was du toll gefunden hättest, weil du noch einen Feind hättest, gegen den du dein Junges verteidigen kannst und hättest gleich auch eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung und was sonst noch und ich würde das Gefühl haben, immer an deinem Hals zu hängen und immer auf deine Schulter zu sabbern und ich glaube, du hättest das auch gemocht.
Ich verlasse eure Stadt Richtung Übersee, Richtung Himmel, Richtung Neue Welt. Ich lasse euch zurück in eurer grauen, kalten, unfreundlichen, depressiven, selbstgerechten, schon lange nicht mehr arm und sexy, sondern einfach nur dumm und einsam, Stadt, in der ihr vögelt und sauft und glaubt, das ist der Weltschmerz, dabei sind das nur eure eigenen unerfüllten Zuckungen vom besseren Leben.
Stop. Ich verlasse euch jetzt. Ich packe meine Schuhe in den Mund und fliege davon. Und ihr könnt ja weiter euch die Haare raufen und denken, das hier ist der beste Augenblick der Geschichte.
Fotos: Ute Langkafel / MAIFOTO | Plakat: Esra Rotthoff