Ich, ein Anfang
– Also hinter ihr die gesamte Black Panther Fraktion und ich frage mich, warum eine wie sie mich aufgabeln muss, übers Internet, und dann auch noch Champagner in sich reinschütten, bis sie es machen kann, so wirkt sie gar nicht. Die wird mich doch eher gleich zu irgendeiner Black Lives Matters Nummer rekrutieren, so eine ist sie, jedenfalls lacht sie so.
– Wie?
– So.
– Zeig noch mal.
– Wir sitzen mir dort zu lange auf dem Teppich rum, ich stehe auf und ziehe sie hoch, ziehe sie hoch und sie umarmt mich und hält mich erst Mal fest. Ja. Fährt meinen Rücken rauf und runter, noch nicht mal unter das Shirt. Rauf und runter. Na gut. Ich ziehe sie dahin, wo ich das Schlafzimmer vermute, und die zittert als hätte sie Angst, ganz große braune Augen, wie von einem Reh. Kurz denke ich noch, oh nö, ich bin jetzt aber nicht ihre erste Frau, ich hasse es, Frauen zu entjungfern, bitte, bitte nicht, lass mich nicht ihre erste sein, lass sie einfach aufgeregt sein, aufgeregt sein ist okay, immerhin ist sie alt. Wenn die aufgeregt ist, weil sie sich vor mir ausziehen muss, ist das okay. Ich lege sie auf den Rücken, knöpfe langsam ihre Bluse auf, die macht oben so Geräusche, entspannt sich wohl, und ab dem vierten Knopf denke ich, irgendwie wird es hier heller. Lustig, denke erst noch, lustig, ihre Haut, reflektiert so hell, womit hat sie sich denn eingeschmiert, mit so einer Teenie-Schimmer-Creme, lustig. Ich küsse sie zwischen den Brüsten und versuche dabei an meine Ex zu denken, an ihre Haut, an ihre Brüste, frage mich, ob ich mich wirklich immer noch an ihren Geruch erinnern kann oder es mir nur einbilde, dass ich sie unter Tausenden erkennen würde. Ich versuche mich zu erinnern, wie sie sich anfühlt, wie sie schmeckt. Sehe Bilder von ihr, wie sie weint, wie sie aus der Tür geht und ich ihr hinterher, denke, wenn sie jetzt geht, habe ich für immer verloren. Nicht nur sie. Ich habe dann einfach verloren.
Also ich schweife immer wieder ab, die Frau unter mir macht so Lustgeräusche, als wäre sie eine digitale Anrufbeantworteransage und ich drücke Knöpfe.
– Wie?
– Aaah –
– Wie?
– Ohh –
– Wie noch?
– Jetzt psht.
– Ja. Und dann.
– Ja. Ich schaue auf die Haut, die ich küsse und schaue genauer hin und versteh nicht so richtig, was ich sehe, denke, ist es das Licht?
– Es ist doch dunkel.
– Genau, es ist dunkel, denke ich, was weißt du schon, was du da siehst. Schaue zu ihr hoch in ihr verzerrtes Stöhnen da oben. Die Frau hat krause Haare, so wie ich, ihre Locken sind noch kleiner und ihr Gesicht ist so, viel brauner als der Rest, der Körper ist zwar auch braun, aber es gibt Stellen, ich fahre mit meiner Zunge so über Stellen, wo ich denke, Michael Jackson oder wie, was hatte der noch Mal für eine Krankheit oder war das Transplantation, Hauttransplantation, ich denke, Moment mal, was ist das, ist sie eine, die sich bleicht oder ist es andersrum, das ist doch kein Alterungsprozess hier diese unregelmäßige Haut, das sind doch Bräunungscremeflecken.
Die kenn ich von anderen, die sich damit einschmieren. Ich drücke mich hoch an ihren Beckenknochen, da fallen mir die Fotos am Bettrand auf. Auf so kleinen Tischchen von beiden Seiten. Warum haben Menschen am Bett Fotos stehen, wie sind sie eigentlich drauf, schauen sie beim Vögeln hin und stellen sich vor, sie würden es eigentlich mit diesen Leuten machen, oder vögeln sie einfach gar nicht und es stört sie nicht, dass andere Gesichter sie anstarren, wenn sie es sich unter der Bettdecke selbst besorgen.
Jedenfalls schaue ich auf diese Fotos, die diese Frau, die so automatisch stöhnt, am Bettrand hat und das sind alles Weiße, Mami, Papi, Hochzeitsfotos, keine Ahnung, aber auf jeden Fall sind das knallharte Albinos, die da alle grinsen, als gäbe es was zu feiern. Meine Kopf rotiert von einem Foto zum anderen, bleibt dann an dem Gesicht kleben, was unter mir liegt und ich schaue ihr noch mal tief in ihre Augen. Kontaktlinsen. Und der Rest auch, da stimmt was nicht.
Ich setze mich auf. Schaue auf ihren Körper, der windet sich noch kurz, ohne dass ich ihn anfasse und friert dann reglos ein, sie drückt ihr Kinn ins Brustbein, schaut mich mit ihren großen Augen an, von denen ich also nicht mal die Farbe weiß. Blau, grün, grau? Ich zupfe ihr an den Locken und frage, ob es Dauerwelle ist.
– Dauerwelle.
– Schöne Korkenzieher.
– Genau, schöne Korkenzieher. Ob sie schon immer krause Haare haben wollte oder was wird hier gespielt. Sie springt sofort auf wie von einer Biene gestochen, fängt an, sich wieder anzuziehen, läuft ins Wohnzimmer rüber und ich ihr hinterher. Sie gießt sich ein, nimmt einen großen Schluck, sieht mich an, hält mir ihr Glas hin, ich schlage es ihr aus der Hand, stelle mich ganz nah vor ihr Gesicht, kratze an ihrer Wange. Geht das ab?, frage ich, geht das ab? Sie schlägt meine Hand weg, ich ihre und dann noch mal: Geht das ab? Sie: Ich rufe die Polizei. Ich: Mach doch! Und stecke meine Nase in ihre Locken. Ist das Henna oder was machst du damit? Mhm, das riecht aber gut, mhm, hast du dich bis zwischen deine Beine mit Bräunungscreme eingeschmiert, bis zwischen deine Arschbacken, wir haben doch gerade erst angefangen, warum hast du dich angezogen, ich habe noch nicht alles gesehen.
Sie greift zum Telefon, ich bin schneller, zieh sie an ihren Korkenziehern runter auf den Perser, sie schreit und versucht um sich zu schlagen, ich greife mir ihre Arme und schleife sie ins Bad, sie windet sich wie ein Tier an langen Tentakeln, ab in die Badewanne mit ihr, natürlich hat eine wie sie eine schicke Zweipersonenbadewanne, wie praktisch, unter einen Wasserstrahl, Wasser ihr ins Gesicht, auf den Bauch, zwischen die Beine, nehme einen Bimsstein und schmirgel an ihr herum, reiße ihr die schicke Bluse runter und bearbeite ihre Schultern
– Und Hals
– Und siehe da, das Wasser
– Wird braun
– Und rot
– Ihr läuft die Schminke runter, sie quietscht wie eine Schuhsohle, eine digitale Schuhsohle –
– Quietsch quietsch
– Ich schmirgele an ihr rum, schmirgele weiter, bis es nur noch rot ist. Bis sie sich nicht mehr bewegt. Bis das Quietschen weg ist, nur Schnappatmung. Ich gehe raus ins Wohnzimmer, meine Klamotten sind nass, nehme mir die Flasche Champagner, trink ein Schluck, stelle mich vor das Bücherregal, nehme noch einen Schluck, schmeiße die Flasche gegen das Klavier, gehe raus auf die Straße. Frische Luft atmen.